«Manche meinen

lechts und rinks

kann man nicht velwechsern

werch ein Illtum!»

dichtete einst Ernst Jandl. Gerade beim Thema Rassismus kann man nämlich tüchtig durcheinander geraten. Zur Beweisführung starten wir deshalb mit einem Quiz: Wer hat’s gesagt, ein Rechtsextremer oder ein Linker? «Wenn ich seinen Text lese, dann habe ich das mulmige Gefühl, der wäre besser nicht zu uns gekommen», «so ein A. mit Ohren hat uns gerade noch gefehlt», «ein absoluter Abschaum», «er hat ihn (Schweizer Pass) nicht verdient».

Nach gängiger Theorie und Praxis schreiben im Internet völkische Rechte solche fremdenfeindlichen Hasskommentare über eingebürgerte Ausländer. Die korrekte Antwort auf obige Frage lautet allerdings: Linke haben es gesagt. Die Zitate stammen von Mitgliedern einer öffentlich einsehbaren Facebook-Gruppe namens «Anti SVP – Stoppt den Wahnsinn!”, die vorgibt, «bruuns Züüg» zu bekämpfen und behauptet, «eine offene Schweiz ohne Rassismus und Diskriminierung, aber mit viel Toleranz und Respekt» zu wollen.

Von Neid zerfressen

Die Hasstirade galt mir als «Neuschweizer», wie sie mich in der ihr eigenen Art bezeichnen. Am Abend meiner allerersten Stadt- und Gemeinderatswahl habe ich auf Facebook meinen Frust über das Fiasko der Bürgerlichen in Zürich mit dem rhetorischen Stilmittel der Polemik kundgetan und heiterte mich sodann in der traditionsreichen «Kronenhalle» auf: «Es lohnt sich (immer noch), in einer der wenigen noch nicht von den Linken sturmreif geschossenen Bastionen auf die Freiheit zu trinken.» Das war offensichtlich zu viel für einige Kulturschaffende, Gewerkschafter und SP-Sympathisanten der Anti-SVP-Gruppe. Sie liessen ihren Ressentiments freien Lauf.

Als Bürgerlicher kann ich nicht anders, als mich über diese neidzerfressenen Linken zu amüsieren, die mir den Besuch eines «Nobelrestaurants» nicht gönnen. Man kann sich auch die Arbeit ersparen, die Heuchelei der Antirassisten zu entlarven, sie erledigen das selber. Denn ihre Aussage «Er wäre besser nicht zu uns gekommen» bedeutet, dass Flüchtlinge, die nach ihrer Einbürgerung bürgerlich wählen, nicht willkommen sind. Das heisst vor allem auch, dass geflüchtete Menschenrechtsaktivisten, die die linke Politik kritisieren, besser in dem Staat bleiben sollten, in dem sie verfolgt wurden. Muslime, so sagen die Toleranz-Proklamierer, sollen in die Schweiz kommen dürfen, aber nicht jene, die vom Islam abfielen und sich gegen den Islamismus engagieren.

Der Zürcher FDP-Kantonsrat Marc Bourgeois kommentierte dies treffend mit den Worten «Wieso fordern sie nicht gleich eine Gewissensprüfung für Flüchtlinge? Nur wer bereit ist, sich in Abhängigkeit zu begeben, soll willkommen sein. Niemand ist so intolerant, wie die Toleranten. Linke sind für Frauen und Frauenquoten, meinen damit aber nur linke Frauen. Sie sind “für Ausländer”, meinen damit aber nur linkshörige, abhängige Flüchtlinge»

Ein rückzahlbarer Kredit

Dieses Beispiel demonstriert zudem, dass viele Linke, die Einbürgerungen generell fördern, dies nicht aus Liebe zu Migranten oder wegen bestimmter humanistischer Werte tun. Vielmehr ist damit die Hoffnung verbunden, neue Wähler und neue Anhänger zu gewinnen und wie figura zeigt auch die Forderung, dass die «Neuschweizer» links wählen. Linke sehen die Einbürgerung als Kredit, der später zurückgezahlt werden muss, und wenn der neu eingebürgerte Schweizer seine Schulden nicht bezahlt, dann «hat er den Schweizer Pass nicht verdient».

Wenn jemand vom rechten Spektrum die misslungene Integration gewisser Migranten in der Schweiz kritisiert, wird ihm umgehend Rassismus und Xenophobie vorgeworfen. Wenn hingegen ein Linker einen neuen Schweizer Bürger mit Migrationshintergrund, der seine politischen Rechte wahrnimmt und seine Meinungen offen äussert, mit Aussagen wie «er wäre besser nicht zu uns gekommen» und «so ein A mit Ohren hat uns gerade noch gefehlt» beschimpft und Likes von Gleichgesinnten bekommt, spricht niemand von Fremdenfeindlichkeit oder Xenophobie. Im Gegenteil: Der sich wie ein völkischer Rechter anhörende Linke bleibt ein unfehlbarer Freund der bunten, toleranten und offenen Gesellschaft.

Man kann nur darüber rätseln, worauf diese unterschiedliche Haltung beruht.

In der Anti-SVP-Gruppe habe ich jedoch gelernt, dass das völkische Motto «Jeder kann Schweizer werden, aber nicht Eidgenoss» nicht nur den rechtsextremen Nationalisten eigen ist, sondern es ist auch die Haltung einiger Linken. Denn wenn ich ein Eidgenoss in diesem völkischen Sinn wäre, könnten sie nicht behaupten, dass ich den Schweizer Pass nicht verdient habe, nur weil ich bürgerlich wähle. Daraus lässt sich schlussfolgern: Gemäss gewissen Linken kann jeder Schweizer werden, aber nur wenn er links wählt.

Universelle Werte

Die Anti-SVPler warfen mir auch vor, undankbar zu sein, «denn ohne die Sozialisten hätte ich nie die Chance gehabt, Schweizer zu werden». Für sie wiederhole ich gerne, was ich an jenem Tag schrieb, als ich den Schweizer Pass erhielt: «Endlich, ich bin ein Schweizer Staatsbürger, nicht im völkischen Sinne durch Abstammung (ius sanguinis) und auch nicht durch Geburt (ius soli), aber durch die universellen Werte der Aufklärung, der französischen Revolution und der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika, die allesamt Eingang in die von radikalliberalen Citoyens und Bourgeois entworfene Schweizer Verfassung von 1848 gefunden haben. Was für eine grosse Ehre und was für ein Glück! Ich freue mich jetzt auf mein zukünftiges Engagement für eine freie liberale Schweiz!».

Dieser Artikel ist am 17. 3. 2018 in der Basler Zeitung erschienen.

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